Alles, was man über die europäische Mehrwertsteuerreform wissen muss: der Umsetzungszeitplan des ViDA-Pakets und was sich für italienische Unternehmen ändert
Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union am 25. März 2025 tritt die große europäische Mehrwertsteuerreform (ViDA – VAT in the Digital Age) in eine entscheidende Phase. Ab dem 14. April dieses Jahres können die Mitgliedstaaten die Pflicht zur elektronischen Rechnungsstellung einführen, ohne zuvor die Genehmigung der Europäischen Kommission einholen zu müssen.
Die Umsetzung der E-Rechnungsreform in den europäischen Ländern wird in mehreren Etappen zwischen 2028 und 2035 erfolgen: Zu den bedeutendsten Neuerungen gehören die Pflicht zur elektronischen Rechnungsstellung und die digitalen Meldepflichten (Digital Reporting Requirements) für innergemeinschaftliche B2B-Geschäfte ab 2030 sowie die Ausweitung der Mehrwertsteuerpflichten auf digitale Plattformen, die Transport- und Unterkunftsdienste anbieten – dies kann von den Mitgliedstaaten bereits ab 2028 umgesetzt werden.
Das ViDA-Paket (VAT in the Digital Age), das am 11. März 2025 vom Rat der Europäischen Union angenommen wurde, ist am 14. April in Kraft getreten. Diese umfassende Reform, die sich aus mehreren Verordnungen zusammensetzt und auf die Schaffung eines einheitlichen digitalen Binnenmarkts abzielt, wird bis 2035 vollständig umgesetzt.
Einige der wichtigsten Neuerungen sind bereits in Kraft getreten, andere folgen in den kommenden Jahren. Nachfolgend der Zeitplan der ehrgeizigen europäischen Reform der elektronischen Rechnungsstellung:
Bis zum 1. Januar 2035 müssen Mitgliedstaaten, die bereits eine Echtzeitberichterstattung vorschreiben, ihre nationalen Systeme an den europäischen Rahmen anpassen.
Ziel der Reform ist laut Europäischer Kommission die Vereinfachung der Überwachung grenzüberschreitender Geschäftsvorgänge, um dem Steuerbetrug entgegenzuwirken. Laut dem Digital B2B Observatory entgehen der EU dadurch jährlich rund 61 Milliarden Euro – das entspricht fast zweitausend Euro pro Sekunde.
Am 14. April 2025 trat die erste große Neuerung im Bereich der europäischen Mehrwertsteuer in Kraft: Ab diesem Datum dürfen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemäß dem ViDA-Paket die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung auf nationaler Ebene einführen, ohne zuvor die Europäische Kommission konsultieren zu müssen.
In den kommenden Monaten sind daher wesentliche Neuerungen für Unternehmen zu erwarten, die mit anderen EU-Ländern Handel treiben: Deutschland hat die E-Rechnungspflicht bereits zum 1. Januar dieses Jahres eingeführt, während Spanien und Frankreich planen, sich innerhalb der nächsten zwei Jahre anzupassen – ebenso wie viele andere EU-Staaten.
Ab dem 14. April dürfen die Mitgliedstaaten zudem festlegen, dass die Nutzung der elektronischen Rechnungsstellung durch Steuerpflichtige mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet nicht von der Zustimmung des Rechnungsempfängers abhängt: Mit anderen Worten, E-Rechnungen können auch ohne vorherige Zustimmung des Kunden versendet werden.
Ab dem 1. Juli 2028 tritt die einheitliche Mehrwertsteuerregistrierung (Single VAT Registration) in Kraft, mit der das One-Stop-Shop-System (OSS) auch auf Selbstrechnungen und Lieferungen von Waren und Dienstleistungen ausgeweitet wird, die in einem anderen Mitgliedstaat mehrwertsteuerpflichtig sind.
Dieses System wird auch auf Warenlieferungen mit Montage oder Installation sowie auf Verkäufe an Bord von Schiffen, Flugzeugen und Zügen durch nicht ansässige Steuerpflichtige ausgeweitet.
Das bereits seit dem 1. Juli 2021 geltende, optionale OSS-System wird besonders von E-Commerce-Plattformen und Unternehmen geschätzt, die mit mehreren EU-Staaten Geschäfte tätigen. Es ermöglicht die Abgabe und Zahlung der Mehrwertsteuer ausschließlich im Registrierungsland, das die fällige Steuer anschließend auf die betroffenen Mitgliedstaaten verteilt.
Ab 2028 werden innergemeinschaftliche Geschäftsvorgänge noch einfacher: Ein Händler mit Lagerhäusern und Lieferungen in mehreren Ländern muss sich nur einmal für die Mehrwertsteuer registrieren und ist damit für alle innergemeinschaftlichen Transaktionen abgedeckt. Zudem kann er die Mehrwertsteuer über ein Online-Portal verwalten.
Diese Neuerung gilt jedoch nur für Unternehmen, die ausschließlich unter die neuen Regelungen fallende Transaktionen durchführen. Innergemeinschaftliche Einkäufe von Dritten, Warenlieferungen und Exporte bleiben weiterhin mehrwertsteuerpflichtig im jeweiligen Land und erfordern dort eine steuerliche Registrierung.
Ein weiterer entscheidender Schritt der Mehrwertsteuerreform wird am 1. Juli 2030 erfolgen: An diesem Tag wird die elektronische Rechnungsstellung für alle innergemeinschaftlichen B2B-Transaktionen verbindlich.
Gleichzeitig wird ein verpflichtendes Meldesystem für die sogenannten Digital Reporting Requirements (DRR) eingeführt, also zur digitalen Übermittlung der Transaktionsdaten an die zuständigen Steuerbehörden. Dies betrifft alle B2B-Käufe innerhalb der EU von Waren und Dienstleistungen, die unter das Reverse-Charge-Verfahren fallen (z.?B. Geschäfte mit nicht ansässigen Unternehmen, Subunternehmer im Bauwesen, Verkäufe von Mobiltelefonen oder Konsolen usw.).
Ab diesem Datum müssen viele europäische Unternehmen die Daten ihrer E-Rechnungen bei deren Ausstellung melden. Dieses neue Verfahren ersetzt das bisherige Intrastat-System.
Wie die Kommission erklärt hat, führt das ViDA-Paket „einen Mechanismus zur Echtzeit-Digitalberichterstattung auf der Grundlage elektronischer Rechnungsstellung für Unternehmen ein, die grenzüberschreitend innerhalb der EU tätig sind“.
Die europäische Mehrwertsteuerreform wird 2035 abgeschlossen sein: Bis dahin müssen Mitgliedstaaten, die bereits eine Echtzeit-Meldepflicht eingeführt haben – wie Italien – ihre Systeme an den EU-Standard anpassen.
Für Italien wird die Umstellung schrittweise erfolgen: Das aktuelle System der elektronischen Rechnungsstellung über das Sistema di Interscambio (SDI) ist bereits in der Lage, Rechnungen gemäß den neuen europäischen Standards zu verarbeiten. Auf Openapi ist bereits ein Dienst verfügbar, mit dem Sie den Prozess des Versendens, Signierens, Empfangens und digitalen Speicherns Ihrer elektronischen Rechnungen an/von SDI über API automatisieren können.
Wie die Europäische Kommission erklärt hat, dürfen Länder, die bereits ein nationales transaktionsbasiertes Meldesystem haben, dieses über den Juli 2030 hinaus beibehalten: Die schrittweise Anpassung an die ViDA-Anforderungen beginnt dann und kann sich bis 2035 erstrecken.
Die Umstellung betrifft auch andere EU-Staaten – beginnend mit jenen, die die E-Rechnungspflicht bereits eingeführt haben oder dies in Kürze tun, etwa Deutschland, Spanien, Frankreich und Polen. Italienische Unternehmen mit Geschäftspartnern in diesen Ländern können bald ihre EU-Kunden in ihre automatisierten Fakturierungssysteme integrieren – ein deutlicher Vorteil in Bezug auf die Prozessvereinfachung.
Unternehmen, die hingegen mit Ländern wie Bulgarien, Tschechien, den Niederlanden oder Schweden Geschäfte machen – die in Sachen E-Invoicing noch im Rückstand sind –, müssen sich bis 2030 gedulden.